Depression und Sexualität

Ein schwieriges Zusammenspiel

Depressionen sind nicht nur eine psychische Belastung, sondern wirken sich häufig auch auf die Sexualität aus. Für viele Betroffene kann das intime Leben in dieser Zeit eine wahre Herausforderung darstellen. Depressionen beeinflussen die sexuelle Lust, das Selbstwertgefühl und das Verhalten in der Beziehung. Doch es gibt auch Aspekte, bei denen Sexualität eine Art Kompensation oder unbewusste Selbstmedikation sein kann. Ein genauerer Blick auf diese Dynamiken kann helfen, besser zu verstehen, wie sich Depressionen auf die Sexualität auswirken und wie man damit umgehen kann.

Inhalt


1. Was ist "Depression"?

Depression ist eine ernste, aber behandelbare Erkrankung, die tiefgreifende Auswirkungen auf deine Stimmung, dein Denken und dein Verhalten haben kann. Sie kann sich in anhaltendem Gefühl der Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit und Erschöpfung äußern, das oft ohne erkennbaren Grund kommt. Betroffene fühlen sich häufig leer und können den täglichen Alltag kaum noch bewältigen.

1.2 Muss ich mich da schämen? Wie viele haben das?
Nein, du musst dich nicht schämen. Depression ist weit verbreitet – weltweit leiden Millionen Menschen darunter, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft. Du bist nicht allein, und es ist wichtig zu wissen, dass es Hilfe gibt.

1.3 Was sind depressive Episoden?
Eine depressive Episode beschreibt eine Zeit, in der die Symptome der Depression stärker ausgeprägt sind und den Alltag erheblich beeinträchtigen. Um von einer depressiven Episode zu sprechen, müssen die Symptome mindestens 14 Tage oder länger anhalten. Diese kann in verschiedenen Schweregraden auftreten:

Leicht: Die Symptome sind spürbar, hindern aber nicht allzu stark am Alltag.
Mittelgradig: Die Symptome sind intensiver und beeinflussen die Lebensqualität stärker.
Schwer: Die Symptome sind sehr stark und können den Alltag erheblich einschränken, was meist eine intensivere Behandlung erfordert.

Eine rezidivierende Episode bedeutet, dass sich die Depression wiederholt. Die Symptome können nach einer Verbesserung oder sogar vollständigen Heilung zurückkehren, und es können im Laufe der Zeit mehrere depressive Episoden auftreten. Jede Episode kann unterschiedlich stark ausfallen, aber sie zeigen ein

Muster von Wiederkehr, was eine langfristige Begleitung und oft auch Prävention nötig macht.


1.4 Was sind die Haupt- und Nebensymptome?
Die Symptome einer Depression nach ICD-10 umfassen:

Hauptsymptome:
Anhaltend gedrückte Stimmung
Interessensverlust oder Freudlosigkeit
Erhöhte Ermüdbarkeit, Energieverlust


Nebensymptome:
Schlafstörungen (z.B. Einschlafprobleme, frühzeitiges Erwachen)
Verminderte Konzentration oder Entscheidungsfähigkeit
Geringes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle
Gedanken an Tod oder Suizid
Veränderungen im Appetit (Verlust oder Zunahme)
Körperliche Beschwerden ohne klare Ursache (z.B. Kopf- oder Rückenschmerzen)

1.5 Kann man das behandeln und an wen kann ich mich als Betroffene:r oder Angehörige:r wenden?
Ja, Depressionen sind behandelbar. Häufig wird eine Kombination aus Therapie und gegebenenfalls Medikamenten empfohlen. Wenn du oder ein Angehöriger betroffen seid, gibt es viele Ansprechpartner: Therapeut:innen, Psychiater:innen, Hausärzte oder Beratungsstellen. Scheue dich nicht, Hilfe zu suchen – du musst diesen Weg nicht allein gehen.

2. Depressionen und ihre negativen Auswirkungen auf die Sexualität

Reduktion des sexuellen Verlangens
Einer der häufigsten Effekte von Depressionen ist die Reduktion des sexuellen Verlangens. Menschen, die an Depressionen leiden, berichten häufig, dass sie wenig oder gar keine Lust auf Sex haben. Das liegt zum einen an den tiefen Gefühlen der Leere und Erschöpfung, die mit einer Depression einhergehen. Die Motivation für körperliche Nähe und Sexualität geht oft verloren, da das Bedürfnis nach Freude und Lust durch die Symptome der Depression überlagert wird. Der Körper fühlt sich schwer und träge an, und selbst die Vorstellung, sexuell aktiv zu sein, kann überwältigend oder unangenehm wirken.

Reduktion des Selbstwertgefühls und Selbstvertrauens
Depressionen beeinträchtigen das Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen erheblich. Betroffene fühlen sich oft unzulänglich und denken, sie seien körperlich oder emotional nicht attraktiv. Dieses reduzierte Selbstbild wirkt sich direkt auf die Sexualität aus: Das Gefühl, nicht gut genug zu sein, kann es schwierig machen, sich zu öffnen oder intime Momente mit einem Partner zu teilen. Statt sich auf körperliche Nähe einzulassen, ziehen sich viele zurück oder erleben Schamgefühle.

Medikamente gegen Depressionen und ihre Auswirkungen auf die Sexualität
Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit Depressionen sind die Medikamente zur Behandlung. Viele Antidepressiva, insbesondere SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer), können sexuelle Nebenwirkungen haben, wie Verminderung der Libido, Erektionsstörungen oder Probleme mit der Orgasmusfähigkeit. Diese körperlichen Einschränkungen können das ohnehin reduzierte sexuelle Verlangen weiter verstärken und in manchen Fällen zu einer tiefergehenden Frustration führen.

3. Sexualität als unbewusste Selbstmedikation in der Depression

Es gibt jedoch auch eine andere Seite der Medaille. In manchen Fällen kann Sexualität als unbewusste Selbstmedikation oder Kompensation für die negativen Gefühle, die mit Depressionen einhergehen, genutzt werden. Menschen, die sich in einer depressiven Episode befinden, können Sex als ein Mittel sehen, um ihre Gefühle zu betäuben oder kurzfristig von ihren inneren Kämpfen abzulenken.

Kompensation von schlechten Gefühlen
Manchmal suchen Menschen in der Depression nach intensiven körperlichen Erlebnissen, um von der emotionalen Leere und den negativen Gedanken abzulenken. In solchen Fällen kann Sex als eine Art „Flucht“ dienen. Während des Orgasmus wird eine große Menge an Endorphinen und Dopamin ausgeschüttet, die kurzfristig ein Gefühl von Wohlbefinden und Zufriedenheit erzeugen können. Dies kann eine Art "kurzfristige Erleichterung" bieten, die die negativen Gedanken und das tiefe Gefühl der Leere für eine Zeit lang überdeckt.

Suchtverhalten und ungesunde Muster
In einigen Fällen kann dieses Verhalten jedoch in Richtung sexuelle Sucht oder impulsives Verhalten abgleiten. Betroffene können versuchen, ihre emotionale Leere immer wieder durch schnelle sexuelle Befriedigung zu füllen, was zu einer sich wiederholenden und möglicherweise destruktiven Gewohnheit wird. Dies kann langfristig jedoch die Depression verstärken und zu weiteren Beziehungsproblemen führen.

4. Trotz Leere und Traurigkeit: Warum ist Sexualität auch in der Depression wichtig?

In einer Zeit, in der du dich vielleicht leer und traurig fühlst, in der die Welt grau erscheint und das Leben oft wie ein unerreichbarer Ort wirkt, kann es schwer vorstellbar sein, wie Sexualität in diesen Momenten eine Rolle spielen könnte. Die Depression beeinflusst nicht nur deine Stimmung und dein allgemeines Wohlbefinden, sondern kann auch den Bereich der Intimität und Partnerschaft stark belasten. Vielleicht fühlst du dich von deinem Körper und deinen Gefühlen entfremdet oder hast den Wunsch nach Nähe und Zärtlichkeit verloren. Doch auch in dieser schwierigen Phase kann Sexualität eine wichtige Rolle spielen – sowohl für dich als Einzelperson als auch für die Beziehung zu deinemdeiner Partnerin.

Sexualität ist nicht nur ein körperlicher Akt, sondern auch eine Form der Kommunikation, der Nähe und des Vertrauens. Sie kann dazu beitragen, die emotionale Verbindung zwischen dir und deinemdeiner Partnerin zu stärken. Gerade in einer Zeit, in der viele Dinge aus der Bahn geraten, kann der gemeinsame Moment der Intimität eine kleine Oase des Zusammenhalts bieten.

Natürlich ist es vollkommen verständlich, wenn du keine Lust auf sexuelle Aktivitäten hast. Die Symptome der Depression – wie Energiemangel, Schlafstörungen oder das Gefühl der inneren Leere – können auch die Lust und das Verlangen dämpfen. Dennoch kann es hilfreich sein, sich zu erinnern, dass Sexualität nicht immer nur den körperlichen Akt bedeutet. Auch Zärtlichkeiten, Berührungen oder ein liebevolles Gespräch können eine Form der sexuellen Intimität sein, die dich und deinendeine Partnerin näher zueinanderbringt.

Der Orgasmus, der oft als Höhepunkt der sexuellen Erfahrung angesehen wird, hat eine besondere Wirkung auf den Körper und Geist. Während des Orgasmus werden eine Vielzahl von Neurotransmittern freigesetzt, insbesondere Endorphine und Oxytocin, die als "Glückshormone" bekannt sind. Diese Substanzen wirken stimmungsaufhellend und können dir helfen, den emotionalen Druck und die negativen Gedanken, die mit der Depression verbunden sind, vorübergehend zu lindern. Tatsächlich hat der Höhepunkt eine nachgewiesene antidepressive Wirkung, die es dir ermöglicht, für eine kurze Zeit von der Schwere der Krankheit zu entkommen und einen Moment der Erleichterung und des Wohlbefindens zu erleben.

Es ist nicht die Lösung für alle Herausforderungen, aber der Orgasmus kann eine wertvolle, unmittelbare Unterstützung bieten, indem er deinem Körper und Geist eine kurze, aber intensive Pause von den belastenden Symptomen der Depression ermöglicht. Für einen Moment fühlst du dich lebendig, verbunden und entspannter, was deinem allgemeinen Wohlbefinden zugutekommen kann.

Es ist wichtig, in dieser Zeit offen miteinander zu kommunizieren. Sprich mit deinemdeiner Partnerin darüber, wie du dich fühlst, und höre auch auf seine*ihre Bedürfnisse. Der Druck, ständig sexuelle Erwartungen zu erfüllen, kann in einer Depression überfordernd wirken, aber die Offenheit für kleine, respektvolle Gesten der Nähe kann eine beruhigende Wirkung haben und die Beziehung stärken.

Sexualität in der Depression zu leben bedeutet nicht, sich zu zwingen oder normativen Erwartungen zu entsprechen. Es geht darum, das zu finden, was für dich und deinendeine Partnerin in diesem Moment möglich und wohltuend ist. Vielleicht ist es eine Umarmung, die länger dauert, vielleicht das langsame, respektvolle Entdecken von Berührungen ohne sofortige Erwartungen.

Erinnere dich daran, dass auch in Zeiten von Traurigkeit und Leere die Liebe, Nähe und das Vertrauen, das in einer Partnerschaft steckt, ein wertvoller Teil deiner Heilung sein kann. Auch wenn es dir manchmal schwerfällt, gib dir die Erlaubnis, kleine Schritte in Richtung Intimität zu gehen – nicht aus einem Gefühl der Pflicht, sondern aus dem Wunsch heraus, euch als Paar zu unterstützen und zusammen zu wachsen, auch wenn der Weg gerade holprig erscheint.

Es ist vollkommen in Ordnung, wenn die sexuelle Lust in Zeiten der Depression nicht so präsent ist. Was zählt, ist, dass du und deindeine Partnerin euch gegenseitig den Raum gebt, den ihr braucht, um durch diese Zeit zu kommen – Hand in Hand, in der Form von Nähe, die euch in diesem Moment guttun kann.

5. Sexualität in der depressiven Episode: Ansprechen und gestalten.

In der Depression ist der Wunsch nach Sexualität oft nicht so präsent wie in anderen Zeiten. Der Körper fühlt sich erschöpft an, die Gedanken sind schwer, und die Lust scheint weit entfernt. Aber der Wunsch nach Nähe, Zärtlichkeit und Intimität kann dennoch bestehen, auch wenn er nicht immer in der gewohnten Form von sexuellen Begierden oder Erregung daherkommt. Es kann schwierig sein, diesen Wunsch anzusprechen, da das Gefühl von Scham oder Missverständnissen durch die depressive Stimmung verstärkt wird. Doch gerade in dieser Zeit ist es wichtig, offen und einfühlsam miteinander zu kommunizieren.

Als Partner*in ist es wichtig, zu verstehen, dass der Wunsch nach Sexualität in der Depression nicht immer aus einer klaren Lust oder Bedürfnis nach einem Orgasmus entsteht. Vielmehr kann es auch der Wunsch nach Nähe, Berührung oder der sicheren, liebevollen Zuwendung des anderen sein.

Beispielsätze, um den Wunsch anzusprechen:
„Ich weiß, dass ich gerade oft in meiner eigenen Welt bin und wenig Interesse an Sexualität zeige, aber manchmal wünsche ich mir einfach Zärtlichkeit und Nähe von dir.“
„Es fällt mir schwer, über meine Gefühle zu sprechen, aber ich merke, dass ich manchmal trotzdem den Wunsch nach körperlicher Nähe habe, auch wenn ich keine Lust auf Sex habe.“
„Ich fühle mich im Moment so leer, aber deine Berührungen machen mich manchmal wirklich ruhiger. Vielleicht könnten wir einfach kuscheln oder Händchen halten?“


Es ist wichtig, diesen Wunsch respektvoll und ohne Druck zu äußern, damit beide Partner*innen sich sicher und verstanden fühlen. Auch wenn es schwer ist, den eigenen Wunsch nach Intimität zu formulieren, kann eine offene Kommunikation dabei helfen, Missverständnisse zu vermeiden und die Beziehung zu stärken.

Sexualität in der Depression gestalten

Sexualität in der Depression muss nicht unbedingt dem klassischen Bild eines leidenschaftlichen Aktes entsprechen. Sie kann in vielen verschiedenen Formen stattfinden, die die Beziehung und das Wohlbefinden fördern, ohne dass dabei Lust oder Leistungsdruck im Vordergrund stehen.

Mögliche Wege, Sexualität in der Depression zu gestalten:
1. Langsame Annäherung und Berührungen
In der Depression können selbst kleine Gesten wie Streicheln, Umarmen oder Handhalten viel bewirken. Diese Berührungen können sich tief anfühlen und das Gefühl von Nähe und Geborgenheit vermitteln.
„Vielleicht können wir uns einfach einen Moment Zeit nehmen, um uns zu umarmen, ohne dass etwas weiter passieren muss.“

2. Kuschelzeit und gemeinsames Ausruhen
Manchmal ist der Wunsch nach Nähe größer als der Wunsch nach körperlicher Erregung. Kuscheln, sich aneinanderlehnen oder einfach nur nebeneinander zu liegen, kann in dieser Phase eine intime Verbindung schaffen.
„Ich brauche gerade nicht mehr als deine Nähe. Es würde mir schon helfen, wenn wir einfach nebeneinander liegen und uns entspannen könnten.“

3. Sanfte Kommunikation
Anstatt sofort zu versuchen, eine sexuelle Handlung umzusetzen, kann es hilfreich sein, den Fokus auf die gemeinsame, respektvolle Kommunikation zu legen. Sprechen über Wünsche, Ängste und Bedürfnisse kann bereits eine Form von sexueller Intimität schaffen.
„Ich weiß, dass du mir immer noch nahe sein möchtest, aber im Moment fühle ich mich einfach nicht in der Lage, mehr zu geben. Wie würdest du dich fühlen, wenn wir uns einfach nur ruhig unterhalten und zusammen Zeit verbringen?“

4. Kleine, nicht-sexuelle Rituale
Sexualität in der Depression muss nicht sofort den Höhepunkt suchen. Ein sanftes, intimes Ritual wie ein Kuss auf die Stirn, das Streicheln des Rückens oder ein liebevoller Blick kann eine tiefe Verbindung herstellen und das Gefühl von Vertrauen und Zuneigung stärken.
„Manchmal reicht es mir, wenn du mir einfach in die Augen schaust und mich sanft küsst. Ich fühle mich dann geliebt, ohne dass wir mehr tun müssen.“

Es ist wichtig, dass beide Partner*innen in dieser Zeit Verständnis füreinander haben. Druck und Erwartungen müssen vermieden werden, und das gemeinsame Finden von Momenten der Intimität ohne Leistungsdenken ist entscheidend. Der Fokus sollte auf der Nähe und der emotionalen Verbindung liegen, die den Raum für Heilung und Vertrauen schafft – sowohl für die Depression als auch für die Beziehung.
Jeder Schritt, ob groß oder klein, kann ein wertvoller Beitrag zur Intimität und zum Wohlbefinden sein. Sei geduldig mit dir und deinemdeiner Partnerin und finde gemeinsam heraus, was euch guttut, ohne euch selbst oder den anderen zu etwas zu zwingen. Sexualität in der Depression kann vielfältig und heilsam sein – es geht nicht nur um den Akt, sondern um das, was euch näherbringt und eure Verbindung stärkt.

5.2 Sexualität in der depressiven Episode - ein Erfahrungsbericht

Ich habe in der Vergangenheit nie wirklich darüber nachgedacht, wie stark meine Sexualität mit meiner seelischen Gesundheit verknüpft war. Es war mir nicht bewusst, aber in vielen meiner schwierigen Phasen half mir Sexualität, die Depressionen in Schach zu halten – zumindest für eine Weile. Ich brauchte immer mehr, immer intensivere Erfahrungen, um die Leere in mir zu füllen. Und das, obwohl ich generell schon sehr auf BDSM und weibliche Dominanz stehe. Doch in diesen Phasen wurden meine Fantasien immer abstruser, gewaltsamer und extremere.


In der Rückschau erkenne ich, dass das ein unbewusster Versuch war, etwas in mir zu kompensieren – ein verzweifelter Versuch, Lebendigkeit zu spüren, wenn alles andere um mich herum sich leer und grau anfühlte. Ich wusste nicht, dass ich unter einer Depression litt, aber meine sexuellen Neigungen nahmen eine Richtung an, die für mich nur schwer zu kontrollieren war. Diese extremen Fantasien halfen mir, den Schmerz für kurze Momente zu vergessen, aber sie verstärkten den inneren Druck gleichzeitig noch mehr.


Heute weiß ich, dass das eines der Frühwarnzeichen für mich ist, wenn sich eine Episode anbahnt. Es ist ein Gefühl, das mich irgendwann überrollt – die extreme Lust, die immer intensiver wird, als würde ich mich selbst mit meiner Sexualität „retten“ wollen. Das ist schwer zu beschreiben, aber es ist ein Alarmzeichen, das mir sagt: „Achtung, etwas stimmt nicht.“


Ich habe auch gelernt, dass es nicht nur darum geht, die Lust in der Depression zu beobachten – es ist nicht immer ein einfaches Weniger an Lust, was passiert. Wenn du eher dazu neigst, über Sexualität zu kompensieren, verändert sich nicht unbedingt der Drang nach Sex. Aber die Art und Weise, wie sich deine sexuellen Empfindungen, Interessen und Fantasien verändern, kann ein Signal sein, dass etwas im Ungleichgewicht ist. Für mich war es immer dieser Wandel – die Fantasien wurden extrem, die Vorstellungen wurde gewaltsamer. Anstatt das Bedürfnis nach Nähe und Intimität zu spüren, ging es darum, etwas zu kontrollieren, die Leere zu füllen.


In der depressiven Episode selbst wird dieser Spagat besonders schwierig: Einerseits habe ich plötzlich keine Lust mehr auf den Partner*die Partnerin, andererseits scheinen meine Fantasien immer extremer zu werden. Die Leere in mir verlangt nach etwas, das mich wieder lebendig fühlen lässt, und gleichzeitig bin ich emotional zu weit entfernt, um wirklich Nähe zuzulassen. Diese Diskrepanz ist verwirrend und sehr belastend, und sie kann die Beziehung massiv auf die Probe stellen.


Was ich heute besonders wichtig finde, ist, sich selbst zu reflektieren – vor allem, wenn es mir gut geht. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen: Wie ticke ich eigentlich in meiner Standardsexualität? Was ist normal für mich, was ist wirklich Teil meiner Wünsche und was ist vielleicht der Depression geschuldet?Gerade in einer Phase, in der ich mich besser fühle, ist es wichtig, diese Fragen zu stellen, um die Veränderungen in der Depression nicht einfach unreflektiert zu übernehmen.


Es ist auch hilfreich, in der depressiven Episode innezuhalten, bevor man Wünsche an den Partnerdie Partnerin heranträgt. Diese Wünsche können stark aus einem inneren Leid hervorgehen, das ich nicht immer klar einordnen kann. Wenn ich nicht aufpasse, könnte ich Dinge von meinem Partnermeiner Partnerin verlangen, die nicht im Einklang mit dem echten Wunsch nach Nähe und Intimität stehen, sondern die eher eine Flucht vor dem inneren Schmerz sind.


Ich habe gelernt, mir selbst diese Fragen zu stellen, besonders in den dunkleren Momenten: „Was ist real? Was ist die Depression, die durch meine Sexualität spricht?“ Diese Reflexion ist heute eine der wichtigsten Fähigkeiten, die ich mir angeeignet habe, um in meiner Sexualität gesund zu bleiben und sie nicht als Mittel zur Kompensation von tieferem Schmerz zu missbrauchen. In der Depression kann es leicht passieren, dass man in extreme Fantasien abdriftet. Doch ich versuche, mir bewusst zu machen, dass ich mich und mein Bedürfnis nach Nähe und Liebe auch in dieser Zeit respektvoll und achtsam begegnen muss.

5.2 Sexualität vor und während der depressiven Episode - ein Erfahrungsbericht

Ich habe in der Vergangenheit nie wirklich darüber nachgedacht, wie stark meine Sexualität mit meiner seelischen Gesundheit verknüpft war. Es war mir nicht bewusst, aber in vielen meiner schwierigen Phasen half mir Sexualität, die Depressionen in Schach zu halten – zumindest für eine Weile. Ich brauchte immer mehr, immer intensivere Erfahrungen, um die Leere in mir zu füllen. Und das, obwohl ich generell schon sehr auf BDSM und weibliche Dominanz stehe. Doch in diesen Phasen wurden meine Fantasien immer abstruser, gewaltsamer und extremere.


In der Rückschau erkenne ich, dass das ein unbewusster Versuch war, etwas in mir zu kompensieren – ein verzweifelter Versuch, Lebendigkeit zu spüren, wenn alles andere um mich herum sich leer und grau anfühlte. Ich wusste nicht, dass ich unter einer Depression litt, aber meine sexuellen Neigungen nahmen eine Richtung an, die für mich nur schwer zu kontrollieren war. Diese extremen Fantasien halfen mir, den Schmerz für kurze Momente zu vergessen, aber sie verstärkten den inneren Druck gleichzeitig noch mehr.


Heute weiß ich, dass das eines der Frühwarnzeichen für mich ist, wenn sich eine Episode anbahnt. Es ist ein Gefühl, das mich irgendwann überrollt – die extreme Lust, die immer intensiver wird, als würde ich mich selbst mit meiner Sexualität „retten“ wollen. Das ist schwer zu beschreiben, aber es ist ein Alarmzeichen, das mir sagt: „Achtung, etwas stimmt nicht.“


Ich habe auch gelernt, dass es nicht nur darum geht, die Lust in der Depression zu beobachten – es ist nicht immer ein einfaches Weniger an Lust, was passiert. Wenn du eher dazu neigst, über Sexualität zu kompensieren, verändert sich nicht unbedingt der Drang nach Sex. Aber die Art und Weise, wie sich deine sexuellen Empfindungen, Interessen und Fantasien verändern, kann ein Signal sein, dass etwas im Ungleichgewicht ist. Für mich war es immer dieser Wandel – die Fantasien wurden extrem, die Vorstellungen wurde gewaltsamer. Anstatt das Bedürfnis nach Nähe und Intimität zu spüren, ging es darum, etwas zu kontrollieren, die Leere zu füllen.


In der depressiven Episode selbst wird dieser Spagat besonders schwierig: Einerseits habe ich plötzlich keine Lust mehr auf den Partner*die Partnerin, andererseits scheinen meine Fantasien immer extremer zu werden. Die Leere in mir verlangt nach etwas, das mich wieder lebendig fühlen lässt, und gleichzeitig bin ich emotional zu weit entfernt, um wirklich Nähe zuzulassen. Diese Diskrepanz ist verwirrend und sehr belastend, und sie kann die Beziehung massiv auf die Probe stellen.

Was ich heute besonders wichtig finde, ist, sich selbst zu reflektieren – vor allem, wenn es mir gut geht. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen: Wie ticke ich eigentlich in meiner Standardsexualität? Was ist normal für mich, was ist wirklich Teil meiner Wünsche und was ist vielleicht der Depression geschuldet?Gerade in einer Phase, in der ich mich besser fühle, ist es wichtig, diese Fragen zu stellen, um die Veränderungen in der Depression nicht einfach unreflektiert zu übernehmen.

Es ist auch hilfreich, in der depressiven Episode innezuhalten, bevor man Wünsche an den Partnerdie Partnerin heranträgt. Diese Wünsche können stark aus einem inneren Leid hervorgehen, das ich nicht immer klar einordnen kann. Wenn ich nicht aufpasse, könnte ich Dinge von meinem Partnermeiner Partnerin verlangen, die nicht im Einklang mit dem echten Wunsch nach Nähe und Intimität stehen, sondern die eher eine Flucht vor dem inneren Schmerz sind.


Ich habe gelernt, mir selbst diese Fragen zu stellen, besonders in den dunkleren Momenten: „Was ist real? Was ist die Depression, die durch meine Sexualität spricht?“ Diese Reflexion ist heute eine der wichtigsten Fähigkeiten, die ich mir angeeignet habe, um in meiner Sexualität gesund zu bleiben und sie nicht als Mittel zur Kompensation von tieferem Schmerz zu missbrauchen. In der Depression kann es leicht passieren, dass man in extreme Fantasien abdriftet. Doch ich versuche, mir bewusst zu machen, dass ich mich und mein Bedürfnis nach Nähe und Liebe auch in dieser Zeit respektvoll und achtsam begegnen muss.

5.3 Sexualität nach der depressiven Episode - ein Erfahrungsbericht

Ich spreche hier aus eigener Erfahrung, denn es passiert immer mal wieder, dass die Libido nach einer depressiven Episode plötzlich und fast überwältigend zurückkehrt. Es ist ein Gefühl, das mich immer wieder überrollt, als hätte mein Körper nach all der Leere und Taubheit wieder Leben verspürt. Dieser Drang fühlt sich manchmal fast leidvoll an – ein innerer Druck, der nach Entladung schreit. In diesen Momenten weiß ich oft nicht, wohin mit mir. Die Fantasien, der Nachholbedarf, der Wunsch nach körperlicher Nähe – all das staut sich an und will raus. Es ist, als ob all die sexuelle Frustration, die sich während der schweren Phasen aufgebaut hat, plötzlich in einer intensiven Welle entladen möchte.

Es kann beängstigend sein, mit diesem plötzlich aufkommenden Verlangen umzugehen. Es ist ein innerer Konflikt: Einerseits spüre ich diesen intensiven Drang, mich auszuleben, andererseits bin ich mir bewusst, dass dieser Drang dendie Partnerin überfordern kann. Vielleicht ist ersie noch in der Erinnerung an die schwierige Zeit, in der das Verlangen nicht so präsent war, und plötzlich ändert sich alles. Dieser Wechsel kann verwirrend und unangenehm sein – sowohl für mich als auch für dendie Partner*in.


Den inneren Druck loslassen

Ich habe gelernt, dass ich diesen inneren Konflikt akzeptieren muss, anstatt gegen den eigenen Körper anzukämpfen. Dieser plötzlich auftauchende Drang ist einfach ein Teil des Heilungsprozesses, ein Zeichen dafür, dass sich etwas in mir wieder neu entfaltet. Aber es hilft, den Druck loszulassen. Ich muss mir selbst zugestehen, dass nicht jede sexuelle Begierde sofort in die Tat umgesetzt werden muss. Es geht nicht darum, mich selbst zu überfordern oder zu hetzen. Es ist okay, mir Zeit zu geben.

Kommunikation mit dem Partner

Was mir hilft, ist, offen mit meinemmeiner Partnerin zu sprechen. Zu sagen: „Ich merke gerade, dass sich meine Libido wieder meldet, und das fühlt sich fast überwältigend an. Ich möchte sicherstellen, dass wir uns beide mit dieser Situation wohlfühlen und unsere Bedürfnisse respektieren können.“Diese Art der Kommunikation schafft Raum für Verständnis und lässt keinen der beiden Partner*innen mit seinen Ängsten oder Unsicherheiten allein. Wir können dann gemeinsam herausfinden, was für uns beide im Moment möglich und wohltuend ist.

Langsame Annäherung

Sexualität muss in diesen Momenten nicht sofort die Form des Aktes annehmen. Manchmal ist es einfach nur das Bedürfnis nach Zärtlichkeiten, nach Streicheln oder Kuscheln, das einen enormen Druck nehmen kann. „Vielleicht könnten wir einfach zusammen auf der Couch liegen und uns näherkommen, ohne dass wir gleich etwas tun müssen.“Diese kleinen, aber wichtigen Gesten helfen mir, den Körper wieder zu spüren und gleichzeitig den Druck zu verringern. Sie schaffen eine intime Nähe, ohne dass sofort etwas passieren muss.

Geduld mit sich selbst und dem Partner haben

Es ist wichtig, Geduld mit mir selbst und meinemmeiner Partnerin zu haben. Die plötzliche Veränderung des sexuellen Verlangens kann herausfordernd sein, aber sie ist auch ein ganz natürlicher Teil des Heilungsprozesses. Es braucht Zeit, sich in dieser neuen Dynamik zurechtzufinden. Wir müssen uns beide den Raum geben, in dem wir uns wieder aneinander annähern können – Schritt für Schritt, ohne Druck und Erwartungen.

Respekt vor den Bedürfnissen des Partners

Was ebenfalls wichtig für mich ist: den Raum für die Bedürfnisse des Partners zu schaffen. Auch wenn der Drang nach Nähe und Sexualität da ist, bedeutet das nicht, dass meinmeine Partnerin immer sofort darauf reagieren muss. Jeder Mensch hat sein eigenes Tempo, und es ist entscheidend, dass wir aufeinander hören, miteinander sprechen und uns gegenseitig respektieren. Sexualität sollte nicht nur meine Bedürfnisse befriedigen, sondern auch die des Partners.

Es passiert immer wieder, dass der Drang nach Sexualität nach einer depressiven Episode aufkommt. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen, indem ich achtsam mit mir und meinemmeiner Partnerin bin. Wir gehen diese Schritte gemeinsam – in einem Tempo, das sich für uns beide gut anfühlt, ohne Druck, sondern mit Raum für Verständnis, Kommunikation und Nähe.

unsplash